Interview mit Melanie Helke von Storypunks
Na? Schon von den Storypunks gehört? Noch nicht? Dann bist du hier genau richtig! Hierbei handelt es sich um einen neuen deutschen Spiele- und Buchverlag, welcher ein Auge auf die verschiedenen Neo(n)-Noir und Urban Fantasy Perlen geworfen hat. Wir durften Melanie Helke, der Geschäftsführerin des Verlags, in einem kurzen Interview ein paar Fragen stellen. Sie hat uns erklärt, was das Besondere an dem Verlag ist, welche Systeme zukünftig übersetzt werden sollen und worauf wir uns in Zukunft noch freuen dürfen:
💬 Toll, dass ihr mit Storypunks an den Start geht! Wie kam dir die Idee dazu und was war eure Motivation zur Gründung?
Die Basis waren gemeinsame Spielurlaube samt nächtlichen Gesprächen mit Whiskey und Corona bei Tag. Dazu kam die „Das wollte ich immer schon mal (wieder) machen.“-Idee und eine traurige Überzeugung, dass es zu viele tolle Rollenspielsysteme und zu wenig Übersetzungen oder Personen gibt, die sich um die Perlen kümmern. Mit den „modernen“ Möglichkeiten: Viel Social Media, schnelle, direkte Kommunikation und Einbindung der Community, digitale Produkte, Streaming … Nein, bitte nicht lachen. Wir Storypunks sind so alt, dass wir die PnP-Szene kennen, als man Zeitungsannoncen und Versandkataloge genutzt, Con-Einladungen per Brief geschickt und ziemlich freizügig bekleidete Frauen als Verkaufsargument gesehen hat. Deshalb ist uns so wichtig, dass man die heutigen Möglichkeiten voll auskostet. Keinem Rollenspiel tut es gut, wenn man es nur offline präsentiert. Weder das System noch seine Machenden haben das verdient. Und die Community hat es nicht verdient einfach Dinge vorgesetzt zu bekommen, die nicht auf sie eingehen, Personen vor den Kopf stoßen, ausgrenzen oder beleidigen.
💬 Aus wie vielen Personen besteht das Team aktuell und was sind ihre Aufgaben?
Wir sind zu dritt – Jan, Oliver und ich (Mel). Jeder von uns hat noch einen oder mehrere Alltagsjobs, was zwar die für die Storypunks nutzbare Zeit einschränkt, es dafür aber nicht nötig macht sofort und übereilt irgendwas veröffentlichen zu müssen.
Jan ist unser IT-Meister und der sich still im Hintergrund versteckende Herr der Website. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass er zwar mal aus der Haut fahren kann (das involviert meist CSS), aber sich sonst in der Beobachterrolle wohler fühlt. Außer beim Layout, wo der gelernte Kartograf jeden Satz millimetergenau im passenden Farbton arrangiert haben möchte. Das macht er sogar dann, wenn ich selbst nicht mal einen Unterschied sehe. Oliver ist der Joker für so ziemlich jede Verlags-Arbeit, weil er das alles mit Feder&Schwert schon mehrfach getan hat. Finden und Einschätzen von Systemen, Planen von Druck und Vertrieb und die üblichen Fettnäpfchen sind für ihn nicht neu. Außerdem ist er ein erfahrener Übersetzer, schreibt selbst und hat ein Händchen für Storytelling. Ich bin die mit der ewig langen Discord-Liste und dem ständig blinkendem Handy. Ich leite seit langem viel in diversen „Rollenspielblasen“ und kümmere mich daher um Community-Kontakt, Marketing und wie Oliver um das Finden neuer Systeme. Zudem bin ich die Geschäftsführerin des Verlags.
💬 Welche Erfahrungen haben du und dein Team mit Pen & Paper Rollenspielen?
Jeder von uns ist relativ früh im Leben in Kontakt mit Rollenspiel gekommen und es über die Zeit beibehalten. Und weil wir nicht mehr die Jüngsten sind, war das schon in den 80ern und Anfang der 90er. Oliver ist schnell auf die Verlegerseite gewechselt, hat die World of Darkness, Warhammer und andere Systeme mit dem eigenen Verlag nach Deutschland geholt und Spiele wie Engel erschaffen. Jan hat sich in der Jugendzeit mit der heimischen Runde durch den gesamten RPG-Markt gespielt und vor 15 Jahren durch Shadowrun mit dem offiziellen Schreiben und der Kartenmalerei begonnen. Ich bin als Schülerin durch Deutschland zu unzähligen Conventions gefahren, habe Fanzines im Copyshop Hand geheftet, für diverse Fan-Produkte gearbeitet und bin dadurch zu professionellen Systemen wie 7te See und Cthulhu gekommen. Generell haben wir alle ewig viele Rollenspiele über die Jahre getestet oder länger gespielt und tun das heute noch. Ich leite seit ein paar Jahren zudem Safe-Space-Einsteiger*innenrunden für Neulinge, die sich bisher nicht ins HOBBY getraut haben.
💬 Auf welche Rollenspiele möchtet ihr euch fixieren?
Genau das. Systeme mit Regeln, die das Geschichtenerzählen unterstützen und interessante Welten mitbringen. In denen es möglich ist, sich tief in die Erzählungen fallen zu lassen, interessante Persönlichkeiten zu verkörpern und die Atmosphäre zu fühlen. Mit einer Charakterentwicklung, die nicht „aufleveln“ bedeutet und man enge Verbindungen zu Mitspielenden und NSCs aufbauen kann. Und das gerne über mehrere Sitzungen, bei denen die Gruppe der Spielwelt gemeinsam mehr Farbe verleiht. Also eher komplex ausformulierte Settings. Weniger die One-Shot-Systeme.
Wichtig ist uns außerdem, dass die jeweiligen Rollenspiele niemanden beleidigen, ausschließen oder auf kritische Weise darstellen. Das schließt Welten, Spielstile oder Anreden in Texten mit ein. Ein letzter Punkt ist die Qualität. Wir selbst lieben Bücher, die man fast streicheln möchte, der Blickfang im Regal sind oder mit Karten-AddOns, Flechtwerk-Lesebändchen und Co. daher kommen. Bei so etwas werden wir regelmäßig schwach. Und deshalb ist Aussehen, Material und Herstellung für uns etwas, wo wir bei unseren eigenen Produkten keine Abstriche machen möchten.
💬 Wie seid ihr auf City Of Mist aufmerksam geworden und wieso habt ihr euch dafür als erstes System entschieden?
Oliver und ich kannten und mochten das System bereits vor der Verlagsgründung. Weil es bereits in Deutschland veröffentlicht war, stand es zunächst gar nicht auf unserer Wunschliste, bis wir realisiert haben, dass die Lizenz bei Truant Spiele ausläuft. Im Endeffekt war es dann sehr kurzentschlossen und wir werden sehen, ob es eine gute Entscheidung war. Wir wissen, dass es nicht leicht sein wird ein System zu übernehmen, was bei einem Verlag scheinbar gefloppt ist und wo es bereits das wichtigste Buch auf dem Markt gibt. Aber wir finden, dass City of Mist eine zweite Chance verdient, weil es ein wirklich tolles Spiel mit einer spannenden Welt voller Mythologie und Action ist. Und wir sind gewillt, viel Arbeit zu investieren, um das den Spielenden zu zeigen.
💬 Was macht eure fokussierten Pen and Paper Rollenspiele in euren Augen so besonders?
Die Geschichten, die man damit erzählen kann, müssen für uns besonders sein. Das Gefühl, in eine Welt einzutauchen und eine Persönlichkeit dort zu verkörpern und mit anderen gemeinsam etwas zu erleben, was Auswirkungen auf die Verbindungen untereinander und die gespielten Charaktere hat. Es gibt genug Rollenspiele, die nichts davon tun und die wir auch ab und an gerne spielen – das wird aber bei uns nicht veröffentlicht werden. Zum Glück gibt es ja noch andere Verlage, damit jede Sparte Beachtung findet.
💬 Worauf dürfen wir uns in Zukunft noch aus eurem Hause freuen? Gibt es da schon was?
Zurzeit sind wir in der Verhandlung mit Son of Oak wegen City of Mist (was gut aussieht, sonst hätten wir das noch nicht angekündigt) und Queerz, einem sehr coolen und bunten Rollenspiel im City of Mist-Universum, in dem man mit Empathie und anderen Superkräften gegen Intoleranz kämpft. Wir haben außerdem eine Wunschliste an weiteren Rollenspielen, die wir im Auge behalten. Aber zu viel auf einmal können wir nicht in der Qualität leisten, die wir wollen, darum fangen wir zunächst mit City of Mist an und sehen dann weiter.
💬 Zu guter Letzt: Was sind eure Lieblingssysteme?
Oliver hegt eine wohl lebenslange Liebe zur World of Darkness, während Jan beim Rollenspiel mit Erinnerung an frühe “Monkey Island“-Erfahrungen 7te See favorisiert. Ich habe nicht wirklich das eine Lieblingssystem, weil mir die Regelbasis meist egal ist. Ich schwanke zwischen dem Horror von Cthulhu, Romanadaptionen wie The Laundry, und der Cineastik von 7te See von Pegasus Spiele.
Wir bedanken uns herzlichst bei Mel von Storypunks und wünschen ihr und ihrem Team alles Gute und freuen uns unglaublich auf die neue, deutsche Übersetzung von City Of Mist. Schaut gerne mal bei dem Team rund um Mel vorbei, wenn euer Interesse geweckt wurde. Finden könnt ihr die drei unter storypunks.de
Hast du bereits in City of Mist hineingeschaut oder bist neugierig geworden? Wie sind deine Erfahrungen mit Urban-Fantasy Games? Hast du andere Systeme, die sich das Team von Storypunks mal anschauen sollte? Schreib sie gerne in die Kommentare!
“Mehr Storys, mehr Punk, weniger Regeln!” Ey, da geht mir mein altes Herz auf! Supercooles Interview! Bin schon super gespannt, was da nach CoM noch so alles kommen wird :)
Vielen Dank dir! Wir sind auch schon super gespannt darauf! :)
Sehr schöner Beitrag! Ich fieber jeden Tag mit dem Kickstarter mit :P
Gruß Tim